Montag, 2. Juni 2008

Der Sandwich-Tag

 

Einmal im Leben muss jeder ein Sandwich gewesen sein. Nein, hier geht es nicht um etwas zu essen. Vielleicht kennst du diese Aufsteller vor Geschäften oder Lokalen mit Infos wie „Heute Bratwurst mit Kartoffeln und Sauerkraut für 4,50 Euro“ drauf. Aufklappbar sind diese Tafeln, und sie stehen auf vier Beinen. Na ja, wenn es windig ist, klappen sie auch gern mal zusammen. Ein Schild, das bei Wind nicht einfach so umkippt, war ich neulich: Vorm Bauch und vorm Rücken hatte ich Pappen hängen, auf denen „Ich weiß den Weg“ stand. So stand ich vor dem Kulturbahnhof in Kassel und wies den ankommenden Gästen unserer [tru:]-Startkonferenz den Weg zum Veranstaltungsort. Ehrlich: Ich fühlte mich wie die Wurst im Sandwich, die ihr Dasein zwischen zwei Brotscheiben fristet.


Irgendwie war’s lustig und peinlich zugleich, so dazustehen. Normalerweise bin ich es immer, die still in irgendeiner Ecke steht und Leute beobachtet, Schlüsse zieht und dabei ab und an mit dem Kopf schüttelt. Diesmal jedoch war ich es, die beobachtet wurde. Und belächelt. Sogar Sprüche musste ich mir anhören, besonders von männlichen Zeitgenossen. Ich habe einiges dabei gelernt…

Vielleicht kannst du dir die Situation nicht vorstellen, weil du selbst nie ein Sandwich warst? Dann geh’ den umgekehrten Weg: Denk’ mal daran, wie DU auf Leute reagierst. Stell’ dir vor, jemand geht an dir vorbei, der nicht in dein Profil passt, ob nun mit oder ohne Schild - egal. Du schaust ihn an, beguckst ihn von oben bis unten. Vielleicht riskierst du noch einen zweiten Blick. Oder aber du drehst dich ganz schnell weg, schüttelst den Kopf und siehst zu, dass du weiter kommst. Was glaubst du, wie der andere sich jetzt fühlt? Na, verstehst du nun, wie ich mir vorkam? Vielleicht ahnst du auch bereits, worauf ich hinaus will:

Ich will dir sagen, dass ich mir von jedem, der mir begegnet, ein Bild mache. Das kann ein positives Bild sein, es kann aber auch ein negatives sein. Und das kriegt das Gegenüber mit, ganz bestimmt! Am Samstag konnte ich’s hautnah selbst spüren, denn da war ich Diejenige, über die geurteilt wurde. Den Menschen stand deutlich ins Gesicht geschrieben, was sie über mich dachten: Für die einen war ich ein Segen, denn sie waren waren [tru:] Startkonferenz-Gäste und froh, dass ihnen jemand den richtigen Weg zeigte; für die anderen aber war ich ein störendes Etwas, das ihnen im Weg stand. Diese Leute machten einen Bogen um mich oder lächelten mich mitleidig an.

Ich glaube, solche Reaktionen sagen viel über uns Menschen aus. Hier wird deutlich, wie wir mit Menschen umgehen, die uns fremd sind. Hier wird klar, wie viel Respekt wir vor Anderen haben. Das Ergebnis ist oft fatal.

Jesus ist da anders. Er geht keinem Menschen aus dem Weg. Er geht auf sie zu. Er heilt Menschen, die aus ihrer Gesellschaft ausgestoßen sind. Blinde, Aussätzige. Und er geht ihnen in Liebe entgegen. Sitzt mit Sündern an einem Tisch. Jesus sieht das, was im Herzen eines Menschen los ist. Er sieht das Innerste und schaltet so Vorurteile aus.

„Der Mensch sieht, was vor Augen ist. Gott aber sieht das Herz an.“ 1. Sam 16,7
Das Sagt Gott zu Samuel, als er nach dem neuen König suchen soll. Und er findet ihn in David. Einem kleinen untersetzten Schafhirten. Wie viele Prinzen und Prinzessinnen stecken in den Menschen, denen ich tagtäglich mit Vorurteilen begegne?

Ich glaube, es ist an der Zeit zu lernen, die Menschen mit Jesu Augen anzuschauen. So gewinnt dann auch der Spruch auf meinen Schildern eine ganz neue Bedeutung: „Ich weiß den Weg“ hinaus aus Vorurteilen und Vorverurteilungen. „Ich weiß den Weg“, Jesus ein Stück weit näher zu kommen, indem ich anderen Menschen mit Liebe begegne. So wie er es tat.

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